Im Französischkurs wurde Ende Oktober gefragt, ob wir nicht Lust auf einen Austausch hätten. Nach anfänglichem Hin- und Herüberlegen, entschieden Marie und ich uns, zusammen nach Straßburg fahren. Wir schrieben einen Steckbrief und Frau Mertins leitete ihn an die Partnerschule. Danach hieß es Warten bis sich ein Austauschpartner meldet. Anfänglich gab es ein paar Organisationsprobleme, da wir komplett frei in der Planung waren. Die Entscheidung über den Zeitraum und Dauer sollten wir selbst treffen. Nach Absprache mit unseren Eltern und Lehrern (immerhin schreiben wir in diesem Schuljahr unseren Abschluss) entschieden wir uns schließlich für drei Wochen, gleich im Januar. Ende November erhielten wir dann endlich die erste Nachricht unserer Austauschpartnerinnen. Nun stand es fest: Es kann losgehen!
Marie und ich trafen uns (noch in den Winterferien) am Samstag um 10:45 Uhr am Stader Bahnhof, um zusammen die acht Stunden Zugfahrt anzutreten. Wir mussten nur zweimal umsteigen. Das letzte Stück fuhren wir mit dem TGV. Es war nicht einfach, sich im TGV zurechtzufinden, zumal Marie einen schrankgroßen Koffer mithatte. Je näher wir dem Bahnhof in Straßburg kamen, um so aufgeregter wurden wir. Am meisten Angst hatten wir, glaube ich, vor dem ersten Zusammentreffen mit den Familien. Was, wenn sie uns nicht mögen? Oder wir sie? Was, wenn wir sie nicht verstehen — oder sie uns nicht!? Zum Glück waren die Sorgen völlig unberechtigt. Als wir aus dem Zug ausstiegen, wurden wir herzlich von unseren Gastfamilien begrüßt. Sofort wurden erste Foto gemacht, bevor wir überhaupt die Chance hatten nur drei Sätze zu sprechen. Von da an sahen Marie und ich uns nur noch in der Schule. Diese nimmt in Frankreich viel Zeit in Anspruch.
An den Wochenenden hatten wir Zeit für Freizeitaktivitäten. Zum Beispiel habe ich gleich mit meiner Gastfamilie am Sonntag Straßburg besichtigt. Die ganze Weihnachtsdekoration hing noch, es war einfach wunderschön.
Am Montag ging der Alltag dann los. Aufstehen um 6 Uhr, um den Bus eine Stunde später zu nehmen; dann Umstieg in die Tram (französische Straßenbahn). Und eine weitere Stunde später standen wir vor dem Lycée Jean-Monnet, unserer Gastschule für die nächsten drei Wochen. Die Schule ist riesig und komplett umzäunt. Man kommt nur mit einer speziellen Karte rein oder raus. Jeden Morgen durften unsere „Partnerinnen“ erklären, dass wir nur die Austauschschüler sind und deshalb keine Karte besitzen. In der Regel waren wir bis um 16:10 oder 17:05 in der Schule. Selten hatten wir zwischendurch ein paar Freistunden. Der Unterricht kam uns anders vor, als wir ihn kennen. Niemand meldet sich, um etwas zu sagen, kaum einer hört dem Lehrer zu, weil sich nur über private Sachen unterhalten wird und der Lehrer versucht dagegen anzuschreien. Das war auf Dauer für uns sehr anstrengend, da wir es nicht gewohnt waren. Vom Unterrichtsinhalt konnten wir einige Sachen verstehen, allerdings auch nur so lange keine Fachbegriffe verwendet wurden. Die fehlten in unserem Vokabular. Aber auch in der Schule gab es großartige Aktionen. Zum Beispiel ein Konzert von einer deutschen Rapperin und der Ausflug in die zweitgrößte Universität Frankreichs, wo wir eine Mathematik-Vorlesung anhören durften.
Mittwochs hatten wir früher Schluss und sind dann zusammen in die Stadt essen gefahren. McDonalds, Waffelladen oder Pizza ‑es gab für jeden etwas passendes. Nach der Schule sind wir oft zu den jeweiligen Hobbys unserer Partnerinnen mitgegangen. Dann war der Tag auch schon vorbei. Da auch die Tage in Frankreich nicht länger sind als bei uns, haben wir viele Ausflüge am Wochenende gemacht. Bootsrundfahrt auf der Ill, Straßburg bei Tag, Essen in einem Elsässischem Restaurant. Mein persönliches Highlight war der Ausflug auf den Berg „Le Champ du Feu“: Mindestens 30 Zentimeter Schnee und überall hingen Eiszapfen. Ich bin zum ersten Mal richtig Schlitten gefahren.
Obwohl Straßburg nicht wahnsinnig weit weg ist, gibt es einige Unterschiede. Ich war begeistert vom Essen, nicht nur weil unsere Familien fantastisch kochen konnten, sondern auch von den französischen Gewohnheiten. Zu jedem Essen gab es Baguette und Käse — und immer einen Nachtisch. Außerdem hatten wir das Glück, die französische Tradition mitzuerleben: Galette des Rois. Eine Art Blätterteigkuchen mit Apfel- oder Mandelfüllung.
Im März findet der Gegenbesuch statt und wir hoffen unseren Gästen auch viel von unserer Schule und unserem Leben zeigen zu können.
Den nächsten Jahrgängen können wir nur empfehlen, diese Chance zu nutzen. Man wächst an seinen Aufgaben. Wir stehen auch gern für Fragen und Anregungen zu Verfügung.
Hannah Koch und Marie-Luise Poppe