Von Lars Strüning
STADE. Eine groß angelegte Umfrage unter Schülern und Lehrern der IGS am Hohenwedel legt den Finger in die Wunde und zeigt im Radverkehr innerhalb der Stadt große Defizite auf. Es gibt aber auch gute Nachrichten.
Ole Plorin ist Lehrer an der Gesamtschule und selbst aktiver Fahrradpendler. Er nahm gemeinsam mit 52 Kollegen und 730 Schülern an der Umfrage teil. Ein guter Schnitt, der zeigt, wie wichtig den beiden Gruppen das Thema Radfahren ist. An der IGS unterrichten 100 Lehrkräfte 1000 Schüler. Die Ergebnisse der Erhebung „Fahrradmobilität an der Schule“ stellte Ole Plorin kürzlich dem Ausschuss für Stadtplanung und Umweltschutz vor. Sie unterstützen manch kritische These zur Radfahr-Kultur in der Stadt.
Immerhin 575 der befragten Schüler, die aus dem gesamten Stadtgebiet kommen, sind schon mal mit dem Rad zur Schule gefahren. Bei den Lehrern waren es 40. Vorzugsweise wird das Rad genommen bei gutem Wetter. Das ist keine Überraschung. Aus dem direkten Umfeld des Hohenwedels kommen auch viele Schüler zu Fuß, oder sie nehmen bei weiteren Strecken den Bus, vor allem bei miesem Wetter. Vielen ist der Weg zur Schule auch zu weit.
„Da wird zu wenig Rücksicht genommen“
Dennoch: Die Befragten wissen, worüber sie reden. Schlechtes Wetter und weite Wege sind nicht alleinige Gründe, das Fahrrad zu Hause stehen zu lassen. Viele der Befragten sehen ein hohes Gefährdungspotenzial durch andere Fahrzeuge im Straßenverkehr. Autofahrer würden nicht immer ausreichend auf Radfahrer achten, ergab die Umfrage. „Da wird zu wenig Rücksicht genommen“, sagt Ole Plorin. Gerade junge Menschen fühlten sich unsicher, selbst auf Radwegen.
Dass die Radwege immer frei befahrbar sind, diese Aussage bekam kaum Zustimmung. „Trifft teilweise zu“ oder „trifft eher nicht zu“ wurden hier häufig angekreuzt. Nahezu 500 der Befragten fällten für die Stadtplaner ein bitteres Urteil: Sie wurden gefragt, ob die Radwege in Stade sicher seien. Mehr als 500 antworteten: mit „trifft teilweise zu“, 100 sagten „trifft eher nicht zu“. Ähnliche Ergebnisse gab es bei der Aussage „Den Zustand der Radwege finde ich gut.“
Plorin sieht Handlungsbedarf
Da besteht offensichtlich Handlungsbedarf, teilweise sogar dringender, wie Ole Plorin ausführte. Denn überall auf den Wegen zur Schule lauerten Gefahrenstellen, weil die Radwege zu eng sind, weil Ein- und Ausfahrten unübersichtlich sind, weil Autos auf den Radwegen parken oder weil sich Fußgänger und Radfahrer den knappen Raum teilen müssen.
Besonders prekär, so Plorin, sei es zwischen dem Kreisel an der Schiffertorsstraße Richtung Hohenwedeler Weg: „Ich bin jeden Tag dankbar, wenn dort nichts passiert.“ Hier gehe es beinahe schon kriminell zu den Hauptzeiten zu, wenn Schüler auch zum VLG und zur BBS wollen oder von ihnen kommen.
Die Erhebung der Schule listet 15 Schwachstellen auf. Und sie macht konkrete Vorschläge, um das Radfahren in der Stadt attraktiver zu gestalten: Tempo 30 in der Stadt, farbig markierte und gut ausgeschilderte sowie besser ausgeleuchtete Radwege, durchgehende Fahrradschnellstraßen oder längere grüne Ampelphasen. Da wartet noch viel Arbeit auf den neuen Verkehrsplaner der Stadt.
Kolk will Radverkehr entwickeln und ausbauen
Großes Lob erhielt der frisch asphaltierte Radweg von Wiepenkathen nach Thun. Gleiches gilt für die neue Strecke von den Schwingewiesen über die Erleninsel, am Stadeum vorbei bis hin zum VLG. „Solche Strecken sind Gold wert“, so Plorin. Und auch, dass die Schule neue Radunterstände bekommt, stößt auf positive Resonanz. Hier hat die Stadt schnell gehandelt.
Stadtbaurat Lars Kolk gab für die Zukunft die Richtung vor: Das Thema Radverkehr soll entwickelt und ausgebaut werden. Das gehe nicht von heute auf morgen. In Stade liege der Anteil der Radfahrer bei zehn Prozent vom gesamten Verkehrsaufkommen. Da sei noch viel Luft nach oben. Andere Städte sind bei 30 Prozent und mehr.
Quelle: Stader Tageblatt, 20.02.20